"Frauen haben ein
Talent, zu überleben"
Lena Olin über "Chocolat"
und über ihren Mann, den Regisseur Lasse Hallström
Lena Olin, 1956 in Stockholm geboren, war schon eine erfolgreiche
Schauspielerin, bevor sie nach Hollywood kam. In Schweden spielte sie
Theater unter der Regie von Ingmar Bergman und drehte zahlreiche Filme. Zu
sehen ist sie unter anderem in "Die unerträgliche Leichtigkeit des
Seins" oder in "Havanna". In "Chocolat" spielt
sie Josephine, die Außenseiterin im Dorf. Olin ist mit dem Regisseur des
Films, Lasse Hallström, verheiratet.
Frau Olin, wofür steht für Sie in diesem Film die Schokolade?
OLIN: Schokolade hat ja auch immer etwas Verbotenes an sich. Sie kann
auch ein Symbol für Sünde, für einen Fehler sein. Genauso wie man
heimlich zuviel Schokolade nascht, kann es vorkommen, daß man jemanden
küßt, den man eigentlich nicht küssen sollte, daß man nackt schwimmen
geht, weil einem danach ist. Schokolade kann für das Überschreiten von
gewissen Schwellen stehen. Genauso geschieht es auch im Film in diesem
Dorf: daß sie Dinge tun, die sie nicht tun sollen, die die Konventionen
eigentlich verbieten. Die aber gut sind.
Bei "Chocolat" haben Sie zum
ersten Mal bei einem Filmprojekt mit Ihrem Mann, dem Regisseur Lasse
Hallström, zusammengearbeitet. Was für ein Mensch ist Lasse Hallström,
war er am Set anders als privat?
OLIN: Lasse ist als Mensch sehr komplex, er hat sehr guten Zugang zu
seinen weichen Seiten, das macht ihn ja so interessant als Mann und so
phantastisch als Regisseur. Das ist etwas Besonderes. Vor allem auch in
den USA, wo wir ja leben, wo jedem Mann schon von klein an beigebracht
wird: Wer weint – auch wenn er Schmerzen hat – ist auf jeden Fall
schon mal schwul. Man muß an sich halten, darf keine Schwächen zeigen.
Lasse aber hat Kontakt zu allen seinen Seiten, und das macht ihn erst
recht stark, bei ihm sind die weiblichen und die männlichen Seiten in
Harmonie. Mit ihm zusammenzusein, mit ihm zu arbeiten, ist wunderbar –
als Frau und auch als Schauspielerin. Bei der Arbeit am Film hat sich das
bestätigt: Er gibt einem den Raum, alles sein zu können, was man sein
will, man hat bei ihm nie das Gefühl, das man zu klein ist oder zu
schwach. Gerade diese unterschiedlichen Seiten machen einen Menschen ja
erst aus.
Sie kommen aus dem Schweden. Konnten
Sie sich gut in das katholische Dorf in der französischen Provinz
einfühlen oder war das Ihnen sehr fremd?
OLIN: Ich habe meine Rolle nicht so sehr in diesem Kontext gesehen,
sondern mehr als eine Person, die außerhalb steht, die am Rand steht. Das
Schicksal, Außenseiterin zu sein, gibt es überall, das finden Sie nicht
nur in der Provinz. Außerdem bin ich natürlich sehr viel schon in Europa
unterwegs gewesen, auch in Frankreich, so daß mir die Mentalitäten schon
auch vertraut waren.
Chocolat erzählt die Geschichte von
couragierten, resoluten Frauen. Woher, glauben Sie, holen die Frauen
diesen Mut?
OLIN: Ich glaube, das ist wirklich eine spezielle Kunst von Frauen.
Man kann sie unter schlimmsten Bedingungen sehen, aber sie müssen immer
noch aufstehen, für die Kinder sorgen, sie müssen das Leben am Leben
halten. So war es zumindest seit Jahrhunderten, und so haben die Frauen
ein gewisses Talent entwickelt. Wenn ich zurückschaue, meine Mutter,
meine Großmutter, wenn ich andere Familien anschaue, da ist es etwas
Wunderbares: Auch wenn eine Katastrophe hereinbricht – wenn sich Frauen
zusammentun und sehr praktisch sind, dann sind das sehr wichtige
Instrumente, um zu überleben. Eine besondere Stärke, die Frauen haben.
Wir konnten im Film nicht so ausführlich darauf eingehen wie in der
Romanvorlage, aber ich finde schon, daß diese speziell weibliche Stärke
im Film gut rüberkommt.
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