KURZKRITIK

Boxer in Zeitlupe
"Ali" von Michael Mann

Dieses Leben könnte der Phantasie findiger Drehbuchautoren entstammen: Cassius Clay, ein dunkelhäutiger Amerikaner erkämpft sich mit 22 Jahren den Box-Weltmeistertitel im Schwergewicht. Das ist 1964. Dann üb
erstürzen sich die Ereignisse. Clay bekennt sich einen Tag nach dem Kampf zum Islam und besteht darauf, fortan Muhammad Ali genannt zu werden. Während der Rassenunruhen Mitte der 60er Jahre wird Ali zum Symbol der 'schwarzen' Emanzipation. Fünfmal in Folge wird Ali Weltmeister, dann aber wird ihm die Boxlizenz entzogen, weil er sich weigert, sich als Soldat nach Vietnam schicken zu lassen. Jahre der Unsicherheit, des Frusts, der Comebackversuche folgen. Man läßt ihn nicht. Erst 1974, mit 32 Jahren, ergattert Ali den Weltmeistertitel zurück.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis Muhammad Alis Leben auch zum Filmstoff werden würde. Michael Mann hat sich nun daran gewagt. Bemerkenswert ist dabei, daß er den Boxer - obwohl der echte Ali ja noch lebt - durchaus als zwiespältigen Charakter zeigt: so wird offensichtlich, daß Ali dem befreundeten Bürgerrechtler Malcolm X intellektuell unterlegen ist und vielleicht doch mehr aus Selbstbezogenheit der Größte werden will als für die Sache der 'Schwarzen'. Auch ist sein Verhältnis zu Frauen nicht gerade von der Achtung geprägt, die Ali für sich selbst einfordert.
Der Film: Einen Coup hat Regisseur Mann mit der Besetzung der Titelrolle gelandet: Will Smith, bislang nicht gerade für Charakterrollen bekannt (sondern aus "Men in Black", "Wild Wild West" u.a.), ist als Muhammad Ali ein Volltreffer und eine großartige Entdeckung. Mitreißend in Szene gesetzt sind die Boxkämpfe, mit rhythmisierten Nahaufnahmen, Schuß und Gegenschuß, ausgetüftelter Dramaturgie, die natürlich den historischen Ereignissen folgt. Der dramatische Kampf 1974, der wegen Verletzung des Gegners, George Foreman, um sechs Wochen verschoben werden muß und die Spannung ("Ali, töte ihn!") ins Unermeßliche steigen läßt, ist ein Highlight des Kinosports.
Der Film hätte richtig überzeugen können - wenn man ihn, und das ist nicht übertrieben, um die Hälfte gekürzt hätte: statt eine monströse Überlänge (159 Minuten dauert das Spektakel) mit zahllosen Zeitlupenstrecken und mäandernden Kamerafahrten zu füllen, hätte Michael Mann lieber noch mehr Facetten der Ausnahmeperson Ali zeigen oder sich entschiedener auch auf Nebenfiguren wie Malcolm X einlassen sollen. Will Smith alleine kann diesen Film, so sehr er als Ali auch überzeugt, nicht tragen. 
Hartmut Burggrabe
 

Ali
von Michael Mann - USA 2002, 159 min

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mit Will Smith, Jamie Foxx, Jon Voight

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