Das
Abenteuer geht weiter
"Harry Potter und die Kammer
des Schreckens"
von Chris Columbus
Bilder: Copyright 2002 by Warner Bros.
Zweites Schuljahr auf der Zauberschule Hogwarts: Harry Potter darf die
Dursleys, seine entsetzliche Ziehfamilie, die den jungen Zauberer wie
einen Sklaven hält, endlich wieder verlassen und seine magischen
Freunde wiedersehen: Ron Weasley und Hermine Granger, den gemütlichen Hagrid, die
strenge, aber gütige Misses McGonagall und den weisen Schulleiter
Dumbledore. Aber auch das Böse hat sich nicht zur Ruhe gesetzt. Noch vor
dem ersten Schultag erntet Harry wieder giftige Blicke und Worte von Draco
Malfoy, dem fiesen Mitschüler, der im zweiten Teil des Abenteuers
tatkräftige Unterstützung von seinem Vater erhält. Dieser Mr. Malfoy ist
Verfechter einer Art Arier-Ideologie: Mischlinge, also Kinder, die nur zum
Teil von Magiern, zum andern Teil aber auch von Muggeln, Normalmenschen
also, abstammen, sollen aus der Zauberschule ausgeschlossen werden - damit
das Magierblut 'rein bleibt'. Irgendwoher kennt man das doch, dazu das
blonde Haupthaar der Malfoys...
Ob Malfoy aber wirklich etwas mit den schrecklichen Geschehnissen zu tun
hat, die in Hogwarts mehr und mehr um sich greifen? Erst eine Katze,
später auch eine Schülerin werden versteinert vorgefunden, mit Blut steht
an die Wand geschrieben: "Die Kammer des Schreckens wurde geöffnet." Mehr
noch als alle andern ist Harry Potter verunsichert: er kann plötzlich mit
Schlangen reden und hört Stimmen, die ihn immer als ersten zum Tatort
treiben...
Während Joanne K. Rowling noch verzweifelt am fünften Band der Potter-Saga
feilt, gibt es nun schon das zweite Abenteuer im Kino zu erleben. Wie
schon beim ersten Teil (Harry Potter und
der Stein der Weisen, 2001) führte Chris Columbus Regie - und Columbus
hat sich selbst übertroffen. Nicht nur was die Länge des Films angeht: die
sprengt mit 155 Minuten
langsam, aber sicher das kinderverträgliche Maß. Nein, vor allem
inhaltlich: Nahm im ersten Teil die Einführung der Personen und Schauplätz
noch viel Raum ein, stürzt sich Columbus diesmal sofort mitten ins
Geschehen, und das dürfte in einer Mischung aus turbulenter Action,
spektakulären Effekten über erholsam-leise Sequenzen bis hin zu geistvoll
komödiantischen Szenen wohl auch jeden Zweifler irgendwann packen.
Filmtechnisch nähert sich Harry Potter stark dem großen
Fantasykonkurrenten, dem "Herrn der Ringe", und auch was Spannung und
Bildgewalt betrifft, sollte man für den zweiten Teil einmal eine
eindringliche Warnung aussprechen: 12 Jahre sollte die Zuschauerin, der
Zuschauer mindestens auf dem Buckel haben. Jüngere sollten lieber noch
etwas warten, denn dieser Harry Potter kommt stellenweise doch extrem
spannend und bisweilen auch sehr gruselig daher.
Jugendliche und Erwachsene aber werden an diesem Abenteuer ihr
schaurig-schönes Vergnügen haben. Denn bei aller Technik und allen Tricks
steht immer der Phantasiereichtum der Rowling'schen Geschichte im
Vordergrund. Kein fauler Zauber wird veranstaltet, stattdessen entsteht
ein mitreißendes Epos um Gut und Böse, Freundschaft und Vertrauen,
Urgewalten und freien Willen und was es noch an existentiellen Kämpfen
gibt. Daniel Radcliffe als Harry, Rupert Grint als Ron und Emma Watson als
Hermine spielen reifer als noch im ersten Teil, und überhaupt ist es sehr
klug gewesen, keine (wesentlichen) Umbesetzungen vorzunehmen: Maggie Smith
und Richard Harris als McGonagall und Dumbledore - großartig. Für
letzteren ist es ein würdevoller Abschied, starb Harris doch wenige Wochen
vor der Filmpremiere. Ein weiteres Highlight aber ist hinzugekommen:
Kenneth Branagh brilliert als selbstverliebter Bestsellerautor Gilderoy
Lockhart, der sich in seinem Unterrichtsfach, dem 'Kampf gegen das Böse'
allerdings als eitler Blender erweist. Hier gibt es soviel zu lachen wie
einem an anderer Stelle das rasante Quidditch-Turnier den Atem nimmt oder
die Megaspinnen im dunklen Wald das Herz stocken lassen.
Bleibt zu hoffen, daß Harry Potter den Regiewechsel bei Teil 3 (dann
übernimmt Alfonso Cuarón) unbeschadet übersteht. Mit den ersten beiden Filmen hat
Chris Columbus jedenfalls höchste Maßstäbe gesetzt. Die Erwartung ähnelt
nun der bei Erscheinen eines neuen Potter-Buches: der nächste Teil muß
noch besser werden. Ob das wohl gut geht?
Fabian Thommsen
Harry
Potter und
die Kammer des Schreckens
von Chris Columbus - USA 2002, 155
min |
°°°°° |
mit Daniel Radcliffe, Rupert Grint,
Emma Watson, Maggie Smith, Robbie Coltrane, Richard Harris, Kenneth
Branagh |
was
bedeutet
unsere Wertung? |
|