IM KINO

Jenseits von Gut und Böse
Wirklichkeitsnah und packend: "Traffic", das vierfach Oscar-gekrönte neue Werk von Steven Soderbergh - Von Hartmut Burggrabe

Lesen Sie auch unser Interview mit Regisseur Steven Soderbergh

Schauplatz 1: Helena Alayas (Catherine Zeta-Jones‘) Leben in der Welt der Schönen und Reichen ändert sich von einem auf den anderen Tag durch die völlig unerwartete Festnahme ihres Mannes. Ihm wird vorgeworfen, in Drogengeschäfte verwickelt zu sein. Schauplatz 2: Ein mexikanischer Polizist (Benicio del Toro) beschlagnahmt bei einer Straßenkontrolle einen Lastwagen voll Kokain und bekommt ihn wenig später gewaltsam wieder abgenommen. Mehr und mehr gewinnt er Einblick in das undurchschaubare Machtgeflecht der Drogenmafia. 
Schauplatz 3: Robert H. Wakefield (Michael Douglas), ehrbarer Richter, wird nach Washington berufen und bekommt den Auftrag, den "Krieg gegen die Drogen" in Angriff zu nehmen. Daß seine Vorzeigetochter derweil exzessive Drogenparties feiert, ahnt niemand.

In drei Handlungssträngen zeichnet "Traffic" ein angenehm unverwaschenes und konkretes Bild der verfahrenen Drogenproblematik zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten.
In allen drei Geschichten tritt mehr und mehr die bestürzende Realität hinter dem guten Schein ans Licht, wobei jeder Strang für sich schon packend erzählt wird. Zunächst scheinbar unabhängig ineinandergeflochten, zeigen sich zwischen den drei Erzählebenen schließlich Querverbindungen und das vermeintlich zufällig Verknüpfte erweist sich als miteinander verstrickt.
Gewohnte Hollywoodmuster bedient "Traffic" nicht. Es gibt Handkameras und körniges Licht, die Handlung ist nicht vorherzusehen, und vor allem gibt es keinen Helden. Jede der Personen hat Fehler und Schwächen, und vom üblichen Patriotismus amerikanischer Geschichts- und Politdramen ist hier nichts zu spüren. So hat man endlich einmal das Gefühl, einen wirklichkeitsnahen Einblick in soziale Realität bekommen.
Michael Douglas als Stratege und Vater, Catherine Zeta-Jones als Dame und desillusionierter Racheengel, Erika Christensen als strebsame und verlorene Tochter und besonders Benicio del Toro als bestechlicher und doch moralischer Polizist sind nur die Herausragenden aus einem brillanten Schauspielensemble, das seinen Figuren und damit der Geschichte ungewohnt differenzierte Facetten verleiht.
Regisseur Soderbergh ("Erin Brockovich") gelingt es packend, aus dem Allgemeinen und Unüberschaubaren der Thematik Einzelschicksale zu destillieren, die stellvertretend stehen können und doch persönlich gezeichnete Individuen sind. Man hofft und bangt mit fast jedem, denn niemand ist hier per se böse oder gut. Auch werden nicht in epischer Breite die Ursachen für bestimmtes Verhalten analysiert und aufbereitet. Es geschieht viel im Laufe des Films, und doch beschreibt er einen Zustand - einen höchst verfahrenen, in dem jedes noch so couragierte Handeln Einzelner nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein kann. Und ob steter Tropfen auch diesen Stein höhlt, ist mehr als fraglich.
Lediglich das Ende hätte man sich etwas anders gewünscht, dennoch: Ein unbedingt sehenswerter Film.

TRAFFIC  von Steven Soderbergh
USA 2000, 147 min

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mit Michael Douglas, Don Cheadle, Benicio del Toro, Dennis Quaid, Catherine Zeta-Jones, Erika Christensen

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