Zwischen Übermut und
Verzweiflung
"Herz im Kopf" von Michael
Gutmann
Zwischen schenkelklopfenden Teenieklamotten wie "Harte Jungs" und "Mädchen
Mädchen", die quasi als deutsche "American Pie"-Pendants in den hiesigen
Kinos große Erfolge feiern, gab es in den letzten Jahren immer wieder
Lichtblicke: Filme, die sich Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit all
ihren Freuden, Problemen, den großen Gefühlen und den Schwierigkeiten, mit
ihnen umzugehen, widmen, und das nicht auf die zotige Art, sondern mit
differenziertem, authentischem Blick. Weder trockene Sozialreporte noch klischeebeladene Gefühlsdramen, sondern unaufgeregt realitätsnah und
dadurch umso aufregender, bewegender, anrührender.
Vielleicht ist es zuviel der Ehre, wenn man dieses Genre allein zwei
jungen Filmern zurechnet, aber entscheidenden Anteil haben sie daran gewiß:
Hans-Christian Schmid und Michael Gutmann, aus deren Ideenwerkstatt unter
anderem "Nach fünf im Urwald", "23" und die Verfilmung von Benjamin
Leberts "Crazy" stammen. In den genannten Fällen führte Schmid Regie,
während Gutmann (mit Schmid) für das Drehbuch verantwortlich zeichnete.
Nach einigen ebenso sehenswerten Fernsehfilmen (u.a. "Nur für eine Nacht")
führte Michael Gutmann jetzt zum ersten Mal fürs Kino Regie. "Herz im
Kopf" heißt sein Film, dessen Drehbuch nun wieder Hans-Christian Schmid
mitentwickelt hat.
"Herz im Kopf" ist die Geschichte von Jakob, einem etwas verstockten,
wortkargen End-Teenager, der seit dem Tod seiner Mutter etwas rastlos in
der Welt ist, der voll Sehnsucht ist, aber keine Ahnung hat, wie er mit
seinen Gefühlen umgehen könnte. Ein Jahr, nachdem er überstürzt nach
Berlin abgehauen ist, kehrt er ausgebrannt nach Frankfurt (Main) zurück,
um eine Weile bei seiner älteren Schwester unterzukommen. Die aber wohnt
inzwischen mit unehelichem Kind in einer Sozialwohnung und hat selbst
genug Scherereien, um sich auch noch um Jakob zu kümmern. Also streunt er
in der Vorstadt herum, trifft alte Freunde wieder (wirkliche und
scheinbare), sucht sich einen Job - und lernt Wanda kennen. Wanda kommt
aus Krakau und arbeitet als Au-Pair-Mädchen bei Jakobs früherer Lehrerin.
Als Jakob Wanda das erste Mal sieht, fällt er in Ohnmacht, und auch sonst
beginnen die Komplikationen. Jakob hat Feuer gefangen, und weiß nicht, wie
damit umgehen. Zwischen (Über)Mut, Unsicherheit und
Sich-selbst-im-Weg-stehen beginnt er zögerlich, um Wanda zu kämpfen.
Glücksmomente und Rückschläge pflastern den Weg...
Auch "Herz im Kopf" hat diesen schlichten, aber herzlichen Blick für seine
Figuren, die Dialoge wirken kaum aufgesetzt, vor allem aber ist Tom
Schilling (der coole Janosch aus "Crazy) als Jakob ein Glücksgriff.
Zusammen mit der wirklich bildhübschen Alicja Bachleda-Curus, einer in Polen bereits
gefeierten Nachwuchsschauspielerin, die für die Dreharbeiten eigens
Deutsch lernte, ergibt das ein wirklich glaubhaftes Paar, das trotz
mancher Ruppigkeiten unsere Sympathien gewinnt. Dennoch kann "Herz im
Kopf" die Intensität etwa von "Crazy" nicht erreichen. Vielleicht ist der
Blick etwas zu nüchtern, vielleicht wirkt das Ganze manchmal doch
konstruiert, vielleicht werden die Personen doch eine Prise zu distanziert
gezeichnet, um sich mit jemandem identifizieren, für jemand wirklich
erwärmen zu können. Das Autorenteam trug, das Wortspiel sei erlaubt, wohl
das Herz zu sehr im Kopf. Vielleicht lag es aber auch daran, daß bei der
Pressevorführung die Filmrollen vertauscht wurden und so der Film, in
mehrere Versatzstücke unterteilt, von den Kritikern ein großes
Abstraktionsvermögen verlangte...
Fabian Thommsen
Internetseite: www.herz-kopf.de
Herz im
Kopf
von Michael Gutmann - D
2002, 92 min |
°°°° |
mit Tom
Schilling, Alicja Bachleda-Curus, Leonard Lansink, Katharina
Müller-Elmau, Anna von Berg, Matthias Schweighöfer |
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unsere Wertung? |
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