KURZKRITIK

Der Film zur Musik
Britney Spears in "Not a Girl" (ab 28.03.02)

Es hätte schlimmer kommen können. Die Produktionsfirma eines perfekt aufgebauten Superstars dreht einen Film, der ihrem Star auf den Leib geschneidert ist, in dem der Star die Hauptrolle spielt: ein Provinzmädchen, das nach Kalifornien aufbricht, um ein Star zu werden... Man war auf Einiges gefaßt. Die schlimmsten Befürchtungen treten erst einmal nicht ein. Britney Spears als Schauspielerin? Nicht so schlecht. Nun gut, groß verstellen muß sie sich für diese Rolle ganz sicher nicht. Die Story: In Ordnung. Lucy, Mimi und Kit, früher die besten Freundinnen, gehen nach dem Schulabschluß auf einen gemeinsamen Trip nach L.A.. Die etwas mufflige Mimi (Taryn Manning) will dort bei einer Plattenfirma vorsingen, Modelschönheit Kit (Zoe Saldana) ihren Verlobten und
Streberin Lucy (Britney Spears) ihre verschollene Mutter suchen. Ein Musiker nimmt sie in seinem Auto mit. Die Reise verläuft natürlich nicht ohne Probleme: Streit unter den Frauen, mörderische Gerüchte um ihren 'Chaffeur', Ersatzteil- und Geldnöte. Aus letzteren hilft ein Karaoke-Auftritt, bei dem - oh Wunder - Lucy ihr Gesangs- und Showtalent entdeckt. Die Liebe kommt natürlich auch ins Spiel.
Daß der Film sich vom befürchteten XXL-Musikvideo unterscheidet, liegt an zwei Dingen. Zum einen: jeder in diesem Reise-Quartett trägt irgendein Problem mit sich: das (etwas dekadente) Leiden am eigenen Schönheitswahn, die frühe Trennung der Eltern, aber auch Extremerfahrungen wie eine Schwangerschaft durch Vergewaltigung. Nun gut. Das mag etwas dick aufgetragen sein. Es verleiht den einzelnen Figuren aber immerhin differenziertere Charaktere - dringend nötig, denn ansonsten verhalten sich Spears & Co. genauso überdreht und gekünstelt, wie man sich in Deutschland amerikanische Teenager vorstellt. Erstaunlich allerdings, daß die drei Mädels mit ihrer unterschiedlichen Geschichte zufällig über den gleichen Musikgeschmack verfügen. Mimi hätte man da durchaus anderes zugetraut. Womit wir aber auch beim zweiten Bonus wären: Erst am Ende des Films ertönt Britney Spears im Song - vorher gibt es Funpunk, Rock und Pop (gleich zu Beginn eine im Jugendzimmer getanzte Hommage an Madonna...). Drittens: Ein Funke Selbstironie. Ben, der Fahrer, kann Boygroups und Retortenpop beim Leben nicht ausstehen, und wie Spears die imageträchtig ach so hoch gehängte Jungfräulichkeit aufs Korn nimmt, ist eine der Stellen, die (nicht unfreiwillig) komisch sind.
Pluspunkte, immer vor dem Hintergrund: Nun gut, es ist ein Hollywoodstreifen. Und gegen Ende bricht er doch noch los: der befürchtete Kitsch. Lucy hat ein Gedicht geschrieben, ihr neuer Lover komponiert eine Melodie dazu, woraufhin sie auf Anhieb die Noten kennt usw. Man möchte im Kinosessel versinken. Und daß Lucys Aufbegehren gegen den strengen Vater damit endet, daß sie ihm mit seinen eigenen Worten klarmacht, warum sie bei ihrem Kerl bleiben muß - daß der Vater nach dem erfolgreichen Vorsingen mitjubelt, als hätte er von ihr nicht gerade noch eine Medizinerkarriere verlangt - das schmerzt nicht nur, das ist elend affirmativ. Jaja, Kinder, tobt euch mal ein paar Tage aus, aber dann ist Schluß mit lustig, dann geht's zurück in die Arme der Familie. Da brauchen sich die Eltern der Fans keine Sorgen machen.
Wer Britney Spears bisher nicht mochte, sei vor diesem Film gewarnt. Wer mit ihr ein bißchen was anfangen kann und etwas Schmacht ertragen kann, muß es nicht bereuen, den Film zu sehen. Fans werden ihn natürlich lieben. 
Michaela Schmid
 

Not A Girl
von Tamra Davis - USA 2001

°°

mit Britney Spears, Anson Mount, Zoe Saldana, Taryn Manning, Kim Cattrall, Dan Aykroyd

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