Das
Märchen vom bösen Stiefvater?
"Tödliches Vertrauen" von Harold
Becker (ab
14.2.02)
"Eine Mutter, die sich dazu entschließt, wieder zu heiraten, nimmt den
Feind mit ins Bett." Dieses französische Sprichwort umreißt, wörtlich
genommen, die Story dieses Films. Frank Morrison (John Travolta) ist ein
mäßig erfolgreicher Schiffsbauer. Sein zwölfjähriger Sohn bedeutet ihm so
ziemlich alles, und
auch
mit Susan (Teri Polo), seiner Ex-Frau, kommt er ganz gut klar. Sohn Danny
(Matt O'Leary), der bei der Mama lebt, darf jeden Samstag mit Papa segeln
gehen, und alles läuft prima. Bis zu dem Tag, als Susan beschließt, wieder
zu heiraten. Rick Barnes heißt ihr neuer Lover, ist ein äußerst
erfolgreicher Geschäftsmann. Einer von der Sorte glatt und smart. Und
durchaus gutaussehend. Hochzeit in der neuen Villa, viele Gäste, ein
großes Fest. Auch Frank ist dabei. Und einer, der nicht eingeladen ist:
Frank entgeht nicht, daß der neue Traumgatte Rick nervös wird, als der
merkwürdige Ray Coleman (Steve Buscemi) auftaucht. Ohne Anzug, mit
Sonnenbrille und einem Gesicht, in das sich viel Leben eingegerbt hat.
Frank knüpft Kontakt mit Ray, trifft ihn per Zufall wieder, stutzt immer
wieder. Eines Tages dann kommt der Hammer: Sohn Danny behauptet bei der
Polizei, Stiefvater Rick habe Ray erstochen und verbrannt. Danny ist der
Polizei schon bekannt für seine Phantasiegeschichten, und so wird auch
diese Ungeheuerlichkeit als Lüge verbucht. Keiner glaubt Danny - außer
sein Vater, der mehr und mehr Verdacht schöpft. Und schon darf Danny
seinen Vater nicht mehr treffen. Dieser verzweifelt mehr und mehr. Er
kommt an Danny nicht mehr heran, spürt aber, daß dieser immer stärker
unter Druck gerät - wenn nicht in Lebensgefahr. Alles Hirngespinst? Weil
er Rick die Frau nicht gönnt? Weil auch Danny keinen neuen Vater will? Das
Bild von Rick als Mörder setzt sich bei Frank Morrison jedenfalls fest,
und er muß, muß aufklären, was dahinter steckt - ob der smarte Unternehmer
vielleicht nur Fassade ist?
Auch wenn der eher einfallslose Titel es nicht suggeriert - Harold Becker
ist mit "Tödliches Vertrauen" ein packendes und keinesfalls flaches Drama
gelungen. Matt O'Leary als 12jähriger Danny ist treffend besetzt, und John
Travolta als sensibler Vater, der aber auch die härtere Gangart draufhat,
ist wirklich gut. Die Entwicklung der Charaktere überzeugt über weite
Strecken, Kamera,
Schnitt und Musik unterstreichen pointiert (manchmal etwas übertrieben)
die Wendungen der Story von der harmlosen Normalität zur immer beunruhigenderen Ungewißheit. Und weiter. Lohnt sich.
Michaela Schmid
Tödliches
Vertrauen
von Harold Becker - USA
2001, 90 min |
°°° |
mit John
Travolta, Vince Vaughn, Teri Polo, Matt O'Leary, Susan Floyd, Steve
Buscemi, Chris Ellis, Debra Mooney u.a. |
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