In
vitam veritas
"Vaya con dios" von Zoltan
Spirandelli (ab 28.3.)
"Und führe uns in Versuchung..." Benno, Arbo und Tassilo sind die letzten
Vertreter eines kleinen Mönchordens, der Cantorianer. Ihre Theologie
besteht darin, daß sich Gott und Gottesglaube allein im Gesang, im Klang,
in der Musik äußert. Daher sind die drei Mönche in ihrem brandenburgischen
Kloster pausenlos
am Singen, unterhalten sich, sobald es nicht um Profanes geht (und das tut
es nur selten), auf Lateinisch. Vor lauter Gottesfrömmigkeit ist der Orden
aber gänzlich heruntergekommen, die Gläubiger (hihi) wollen jetzt ihr
geliehenes Geld zurück... Dem alten Abt Stephan raubt der Ärger die
Lebenskräfte - sein letzter Wille ist, daß seine drei 'Brüder' das Kloster
verlassen, um mit dem Regelwerk in Form eines dicken Buchs das einzig noch
verbliebene Cantorianer-Kloster aufzusuchen und sich mit den dort lebenden
Mönchen zu vereinen. Nur: das Kloster liegt in Italien. Die drei Mönche
machen sich also auf die Reise. Es ist eine Reise nicht nur in fremde
Gefilde, es ist für jeden der drei vor allem eine Reise in die
gegenwärtige Welt: Den stämmig-gemütlich-bärtigen Tassilo (Matthias
Brenner) zieht es unterwegs zu einem Spontanbesuch auf dem Bauernhof
seiner alten Mutter, die er seit 30 Jahren nicht gesehen hat - und er
beschließt, zu bleiben. Arbo (Daniel Brühl) ist als Baby ins Kloster
gekommen und folglich noch nie mit der Liebe, geschweige denn mit einer
Frau in Berührung gekommen. Diese unbekannten Dimensionen des irdischen
Lebens brechen schnell in Arbos Leben, in Form der jungen Fotografin
Chiara (Chiara Schoras), die die drei seltsamen Gestalten mit dem Auto bis
nach Süddeutschland mitnimmt. Beide, den jungen Mönch Arbo wie auch die
offensive Chiara, bringt die Begegnung gehörig durcheinander.
Als in einer badischen Jesuitenschule nun auch Benno (Michael Gwisdek)
hängenbleibt (ein Jesuitenpater bietet ihm einen spannenden
Forschungsauftrag), scheinen sich die Wege der drei zu trennen. Arbo
glaubt immer noch an den Auftrag, das Regelwerk nach Italien zu bringen -
gleichzeitig will ihm Chiara nicht mehr aus dem Kopf. Und aus dem Herz.
Regisseur Zoltan Spirandelli liefert mit "Vaya con Dios" ein solides
Kinodebüt ab. Die Komik ist unaufdringlich und dabei umso unterhaltsamer,
ohne aber die den meisten Zuschauern sicher fremde asketische Welt der
Mönche ans Komödiantische zu verraten. "Vaya con Dios" ist mehr als eine
Fabel über verschrobene Außenseiter, die plötzlich mit der 'normalen', der
modernen Gesellschaft konfrontiert werden. Es ist vielmehr eine
Coming-of-Age-Geschichte: Daniel Brühl, der zuletzt in "Nichts bereuen"
und "Das weiße Rauschen" begeisterte, spielt einmal mehr überzeugend den
jungen Mann, der lernen muß, sich in der ihm neuen Welt der Erwachsenen
zurechtzufinden.
Ihm zur Seite steht vor allem mit Michael Gwisdek ("Nachtgestalten") ein
wirklicher Komödiant - sein Spielwitz ist eher feinsinnig als dick
aufgetragen. Und das ist gut so. Chiara Schoras als Chiara wird man sicher
noch öfter zu sehen bekommen - bis auf ihren etwas überdreht-hektischen
ersten Auftritt gibt sie im Rest des Films die vital-romantische junge
Dame überzeugend. Nicht zu verachten auch der Soundtrack: neben
poppig-souligen Klängen (von den Mönchen zunächst verdammt) prägen vor
allem gregorianisch gefärbte Choräle den Film.
Hartmut Burggrabe
Vaya con
dios
von Zoltan Spirandelli - BRD
2001, 106 min |
°°°° |
mit Michael
Gwisdek, Daniel Brühl, Matthias Brenner, Chiara Schoras, Traugott
Buhre, Heinz Trixner, Bettina Zimmermann |
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